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Pagina:Decurtins - Rätoromanische chrestomathie, VI.djvu/12

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VI Einleitung

Generationen erscheint im Jahre 1679 die erste vollständige Bibelübersetzung in rätischem Idiom.

Das Spiel von der Liebe des Don Odoardo zeigt uns die interessante Erscheinung, wie das spanische Schauspiel selbst bei den Puritanern an den Quellen des Inn Eingang findet; als Träger der Vermittlung haben wir uns wohl Offiziere zu denken, die aus fremden Diensten in die Heimat zurückkehrten.

Auch von dem literarischen Leben des siebenzehnten Jahrhunderts dürfen wir also wohl sagen, dass es im Verhältnis zur Zahl der Bevölkerung und zur Ausdehnung des Landes ein reiches zu nennen ist.

Der fast herbe Ernst, der Sitte und Tracht der Engadiner nach der Reformation charakterisiert, spricht sich auch in ihren literarischen Erzeugnissen aus, nicht nur in den Liedern von Tod und Vergänglichkeit, sondern auch in der ältesten romanischen Liturgie wie in der schönen Sammlung romanischer Reden. Einzig in den Hochzeitsreden treffen wir noch Nachklänge vorreformatorischer, mittelalterlicher Traditionen der Rätoromanen, wie sie auch in den Hochzeitssprüchen einzelner Dörfer des St. Gallischen Oberlandes z. B. in Valens sich noch erhalten haben, als die Sprache der Rätoromanen dort längst verschwunden war.

Wenn einmal die späteren Bände unserer Chrestomathie mit dem Volksliede und den Weistümern des Engadins erschienen sein werden, dann bietet sie, so glauben wir getrost behaupten zu dürfen, ein wertvolles Material zur Kenntnis altladinischen Lebens. Wohl ist manches Denkmal dieses Lebens für immer verschwunden, manches in unzugängliche Sammlungen reicher Liebhaber des Auslands gewandert. Aber was uns geblieben ist, wird genügen, ein Bild des Engadins des 17. Jahrhunderts vor uns erstehen zu lassen, das Mosaik sein mag, aber Frische und Anschaulichkeit keineswegs vermissen lässt.

Zur Erleichterung der Lektüre wurde, bei den handschriftlichen Texten, von der genauen Wiedergabe des regellosen Durcheinander von Majuskeln und Minuskeln abgesehen. Strenge auseinandergehalten wurden das tönende und das stimmlose intervokalische s (in den ersten 6 Bogen, etwas inkonsequent, nach der heutigen Orthographie, später nach der wirklichen Aussprache, also z. B.: chiossa, fossa, pusser, appussaivel, ressüstaunza, dessideri etc. Desgleichen sch und s-ch (sck für den Laut s-ch wurde beibehalten). Von einer konsequenten Durchführung der Schreibung dsch statt tsch für den weichen Laut, wurde zunächst Abstand genommen, wegen der Schwierigkeit zu entscheiden, ob es sich nicht etwa, da hauptsächlich Verbalformen in Frage kommen, um Verschleppen des Auslautskonsonanten in den Inlaut handle. Das rein graphische i wurde beibehalten nach s-ch(sck), palatalen