ADB:Huber, Michael

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Artikel „Huber, Michael“ von Rudolf Elvers, Theodor Süpfle in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 13 (1881), S. 246–248, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Huber,_Michael&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 21:13 Uhr UTC)
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Huber: Michael H., Schriftsteller und Kunstkenner, ist am 27. Septbr. 1727 zu Frankenhausen in Niederbaiern geboren. Ueber seine Herkunft und sein Jugendleben ist selbst seinem Sohne Ludw. Ferdinand (s. d.) nichts Näheres bekannt gewesen, da er nie davon gesprochen hat. Er scheint in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen zu sein. Um 1742 ist er nach Paris gewandert.[1] Dort hat er später litterarischen Kreisen angehört und zu Diderot, Turgot u. a. Beziehungen gehabt, ohne daß wir anzugeben vermögen, wie er seine Bildung erworben und wie er in diese Kreise hat gelangen können. Seine litterarische Thätigkeit bildeten Uebersetzungen deutscher poetischer Werke in das Französische, durch welche er die Aufmerksamkeit der französischen Lesewelt auf die Erscheinungen der neueren deutschen Litteratur lenkte. Zuerst sind es Geßner’s Idyllen gewesen, die er in dem Journal Etranger mittheilte, und die Beifall gefunden haben sollen. Dann erschien eine vierbändige Sammlung: „Choix de poésies Allemandes“, Paris bei Humblot 1766, welche in allen vier Bänden das charakteristische Motto an der [247] Stirn trug: „Auch Deutsche können sich auf den Parnassus schwingen. Haller“, und in Prosa geschriebene Uebersetzungen der Gedichte von Wieland, Rost, Ewald von Kleist, Geßner, Hagedorn, Gellert, Lessing, Lichtwer, Gleim, der Karsch, Ramler, Utz, Klopstock (den ersten Band des Messias), Zachariä, Rabener u. a. nebst kurzen litterarhistorischen Einleitungen bringen. Diese letzteren lassen freilich erkennen, daß der Verfasser von deutscher Geschichte nicht viel mehr wußte, wie seine Pariser Freunde, und daß seine Schwiegertochter nicht Unrecht hatte, wenn sie in der Biographie seines Sohnes erwähnt, daß er in Paris ganz zum Franzosen geworden sei.

In demselben Jahre, in welchem diese Sammlung erschien, verließ H. Paris, um nach Leipzig überzusiedeln, wo er mit dem Titel Professor und mit einem aus der kurfürstlichen Chatoulle gezahlten Gehalt als Lector der französischen Sprache an der Universität bis zu seinem am 15. April 1804 erfolgten Tode wirkte. Bei der damaligen Vorliebe der höheren Stände für die französische Litteratur wurde es ihm nicht schwer, bei der akademischen Jugend eine angesehene Stellung zu gewinnen; an dem Kosttisch, welchen er, wie andere Universitätslehrer, nach damaliger Sitte für Studirende hielt, nahmen viele Söhne hoher Häuser Theil und übten sich im Umgange mit ihm und seiner Frau, einer Pariserin, in französischer Conversation und Sitte. Er fuhr fort, die Schätze der deutschen Litteratur den Franzosen zugänglich zu machen, indem er die Werke Geßner’s, Meiners’ Philosophische Briefe über die Schweiz, Campe’s Robinson und Winkelmann’s Kunstgeschichte in französischen Uebersetzungen herausgab. Goethe nennt ihn deshalb in Wahrheit und Dichtung (Thl. II, Buch 8) unter den Männern, welche in der Zeit seiner Studienjahre der Stadt Leipzig als im Guten und Rechten gleichgesinnt und hochgebildet zum besondern Schmuck gereichten, und hebt als sein dankbar anerkanntes Verdienst hervor, daß er den Werth der deutschen Litteratur auch den Franzosen bekannt gemacht habe. Er nennt ihn außerdem als Kupferstichsammler und wohlgeübten Kenner, und aus der Vorrede zu dem 1787 zu Dresden und Leipzig erschienenen Werke Huber’s: Notices générales de graveurs divisés par nations et des peintres rangés par écoles, précédées de l’histoire de la gravure et de la peinture depuis l’origine de ces arts jusqu’à nos jours, et suivies d’un catalogue raisonné d’une collection choisie d’estampes, erfahren wir, daß er sich damals schon mit Kunstgeschichte beschäftigte, daß die in diesem umfänglichen Werke (es hat 710 Seiten) beschriebene Sammlung die eigene Sammlung des Herausgebers war, und daß er sich schon seit Jahren der Aufgabe unterziehe, junge vornehme Herren, die dermaleinst in der Lage sein würden, Kunstsammlungen zu besitzen, durch Vorträge und Vorzeigung seiner Sammlung in das Kunststudium einzuführen. Wie seine Schwiegertochter erzählt, hat er die Sammlung mit großem Verständniß und bei seinen verhältnißmäßig geringen Mitteln mit ökonomischem Geschick geschaffen und fortwährend ergänzt, wie er denn auch mit vielen Kennern und Sammlern Beziehungen unterhielt und Erwerbungen für sie vermittelte. Außer dem schon genannten Werke gab er einen beschreibenden Katalog der aus etwa 44 000 Nummern bestehenden Kupferstichsammlung des Geheimraths Brandes in Hannover heraus, der 1793 und 1794 in zwei Bänden in Leipzig erschien, während ein von ihm französisch geschriebenes Werk von C. C. H. Rost unter dem Titel „Handbuch für Kunstliebhaber und Sammler über die vornehmsten Kupferstiche und ihre Werke. Vom Anfange dieser Kunst bis auf gegenwärtige Zeit, chronologisch und in Schulen geordnet nach der französischen Handschrift des Herrn M. Huber“, – in acht Bänden 1796 bis 1804 in Zürich herausgegeben wurde. Sein von Graff gemaltes Porträt, welches seine Nachkommen besitzen, läßt auf einen geistreichen, gewandten und selbstbewußten [248] Mann schließen. Seine Frau, die sich niemals in Deutschland heimisch gefühlt hatte, starb einige Jahre vor ihm; von ihren sechs, noch in Paris geborenen Kindern waren fünf schon in frühester Jugend gestorben, das sechste war L. Ferdinand H. (siehe diesen).

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 246. Z. 10 v. u. (zum Artikel Michael Huber): Bei seinen gründlichen Kenntnissen wurde er in Paris selbst bei vornehmen Persönlichkeiten ein gesuchter Lehrer der deutschen Sprache, und durch seinen feingebildeten Geschmack wurde er auch bald mit bedeutenden Schriftstellern befreundet. Mit der Feder trat er hauptsächlich als Uebersetzer auf und lenkte in höchst verdienstlicher Weise auf unsere fast ganz unbekannte Litteratur die Aufmerksamkeit und Sympathie Frankreichs. Zunächst lieferte er Beiträge für das Journal étranger, in welchem er die ersten Proben seiner hervorragenden Uebersetzungskunst ablegte; ebenso schrieb er später für die Gazette littéraire de l’Europe. In weiteren Kreisen machte er seinen Namen durch die Uebertragung der beliebtesten Dichtungen Geßner’s bekannt. Zunächst (1759) übersetzte er den „Tod Abels“. Als Mitarbeiter dabei hatte er einen seiner Schüler, welcher kein geringerer als der später so berühmt gewordene Turgot war. Im J. 1762 übersetzte er, ermuthigt durch den glänzenden Erfolg der vorangegangenen Arbeit, das Hauptwerk Geßner’s, die „Idyllen“ und schickte ein Exemplar davon an den ihm befreundeten J. J. Rousseau, dessen lebhaften Beifall sie fanden. Zwei Jahre darauf ließ er den „Ersten Schiffer“ französisch erscheinen. – Eine umfassendere und selbständigen Leistung war die Herausgabe seines „Choix de poésies allemandes“, deren erster Band ein schönes, von dem deutschen Künstler Eisen gestochenes Titelkupfer und einen bekannten Vers Bodmer’s (nicht Haller’s) als Wahlspruch trug. Wenn Huber die in Uebersetzung mitgetheilte Auswahl aus deutschen Dichtern und Prosaikern auf die werthvolleren Stücke beschränkt hätte, so würde diese Arbeit noch mehr Freunde für unsere junge Litteratur in Frankreich gefunden haben. Unter den Dichtungen Klopstock’s sind zwei lyrische Stellen aus dem ersten und zehnten Gesange, nicht aber der ganze erste Gesang in Uebersetzung mitgetheilt. Besonders willkommen für französische Leser waren die litterarhistorischen Einleitungen zu den einzelnen Schriftstellern, welche von Wissen und gutem Urtheil zeugen. In demselben Jahre (1766) aber, in welchem er seine Auswahl deutscher Dichtungen veröffentlichte, siedelte er nach Leipzig über. J. M. Grimm, welcher schon vor ihm Propaganda für unsere Schriftsteller jenseits des Rheins gemacht hatte, äußerte bei dessen Rückwanderung nach Deutschland, daß man dadurch den einzigen Uebersetzer aus der deutschen Sprache verloren habe, dessen Arbeiten Erfolg in Paris gehabt hätten. Unter den zahlreichen Uebertragungen deutscher Werke, welche H. nun in Leipzig verfaßte, ist als die gelungenste, bedeutendste und nicht bloß in Frankreich gelesene, die Bearbeitung der Geschichte der Kunst des Alterthums von Winckelmann (Histoire de l’art de l’antiquité. Leipzig 1781–1784) zu bezeichnen. [Bd. 26, S. 828 f.]