Pagina:Labi 1996.djvu/52

Da Wikisource.

Innsbrucker Forschungsinstitut für Alpenländische Land- und Forstwirtschaft als Beiträge zur alpenländischen Wirtschafts- und Sozialforschung verfasst wurden; das Alpenländische an ihnen beschränkt sich auf die Auswahl der untersuchten Orte und Gebiete, die fast durchwegs im Tiroler und Vorarlberger Alpenraum liegen.

5. Wie wenig das Alpenländische - ausser als geographischer Raum - als eigene Qualität das Interesse der Forschung in Österreich weckte, geht neben den länderorientierten Studien auch aus der lange Zeit vorherrschenden Überbetonung der ethnischen Zusammensetzung einzelner Bevölkerungen hervor. Insbesondere für die Zeit des Frühmittelalters wird den tatsächlichen oder vermeintlichen Eigenheiten der zugewanderten Völker vielfach mehr Gewicht beigemessen als den naturräumlichen Bedingungen, wobei die Trennlinien meist zwischen germanischen und romanischen oder zwischen germanischen und slawischen Völkern gezogen werden. Dies soll allerdings nicht heissen, dass die ethnische Zusammensetzung keine Rolle gespielt haben könnte; allerdings müsste sie angesichts ständiger Bevölkerungsvermischung gerade auch zur Zeit der Völkerwanderung so exakt wie möglich beschrieben und ausserdem im Vergleich mit anderen Einflussfaktoren gewichtet werden - beides eine über aus schwere, wenn nicht gar unlösbare Aufgabe.

6. Aus dem bisher Gesagten dürfte klar geworden sein, dass alpine Erklärungsmuster für sozioökonomische Entwicklungen und Strukturen so lange nicht zu erwarten sind, solange den durch politische Grenzen bestimmten Untersuchungsräumen ein die Wirtschaft und Gesellschaft prägender Charakter zugeschrieben wird oder aber der Blick allzu einseitig auf die ethnische Herkunft der untersuchten Bevölkerungen gerichtet bleibt. Erst wenn die naturräumlichen Bedingungen unabhängig von politischen Grenzen und ethnischen Komponenten in den Vordergrund rücken, besteht die Chance, dass alpine Aspekte in gebührendem Ausmass Berücksichtigung finden. Allerdings kommt es auch dann noch vor, dass sich die naturräumliche Interpretation lediglich auf den Gegensatz zwischen dem Gebirge und dem flacheren Land oder auf die unter-schiedliche Bodenbeschaffenheit und das unterschiedliche Klima einzelner Regionen beschränkt. Es wird noch nicht gefragt, ob sich die daraus resultierenden Erscheinungen auch in ändern Alpenregionen oder aber nicht ebenso ausserhalb des Alpenraumes nachweisen lassen. Erst durch diesen Vergleich aber wird es möglich, das spezifisch Alpenländische zu erfassen.


MATHIS: DIE ERFORSCHUNG DES ALPENRAUMES IN DER ÖSTERREICHISCHEN HISTORIOGRAPHIE 65