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kommt, wie meiner Ansicht nach bei sämtlichen Erregungsvorgängen, da bedarf es beweglicher und vor allem reversibel funktionierender Gerüste, deren Consistenz nicht grösser und nicht dauerhafter sein darf, als es gerade mit einigen der Erdalkalisalze erzielt werden kann. Es soll gewiss zugegeben werden, dass in diesen zuletzt gegebenen Erklärungen noch viel Hypothese darinsteckt, aber die Basis dafür ist insofern eine solide, als das Meiste der experimentellen Prüfung zugänglich ist, und eine gewisse Berechtigung zu solchen Hypothesen darf weiter vielleicht auch daraus hergeleitet werden, dass der Gedanke der physiologischen Bedeutung kolloidaler Zustandsänderungen bereits viel gefördert, ja eigentlich erst den Grund zu einer Theorie der physiologischen Salzwirkungen gelegt hat.

Bis hierher konnten wir uns für berechtigt halten, die Salzwirkungen als Einflüsse auf die Plasmahaut-Kolloide aufzufassen. Es bleibt mir nun übrig, mit wenigen Worten auf einige Fälle noch besonders hinzuweisen, in denen es sich bei der Salzwirkung wohl vorwiegend um die Wirkimg auf kolloidale Zwischensubstanzen handelt, wiewohl solche vielleicht auch schon bei einigen der bisher erörterten Vorgänge mit im Spiel waren. Herbst fand, dass die Furchungszellen von Echinodermen sich von einander lösen, wenn man sie in einem von Kalk befreiten Meerwasser sich entwickeln lässt; und ein botanisches Analogon hierzu bietet die Beobachtung von Benecke, dass die Fäden von Spirogyren bei Calcium-Mangel in ihre einzelnen Zellen zerfallen. Man kann diese Vorgänge wohl so auflassen, dass in dem an zweiwertigen Kationen verarmten Medium es zu einer Verflüssigung des Zellenkittes kommt; ich hätte schon früher erwähnen können, dass an Cilien in reinen Alkalisalzlösungen von Lillie sogar wirkliche Verflüssigungen und Auflösungen beobachtet worden sind. Natürlich ist es noch nicht auszuschliessen, dass diese Vorgänge komplizierteren Folgen des Kalkmangels entspringen, als nun gerade blos dem Nachlassen der normalen Kolloidkonzistenz. Schliesslich ist es vielleicht dann auch noch berechtigt, mit Overton hier die von Locke gefundene interessante Erscheinung anzugliedern, dass in einer kalkfreien Kochsalzlösung bald die indirekte Erregbarkeit eines Muskels vom Nerven aus erlischt, und dies so zu deuten, dass bei Abwesenheit von Kalk ein normaler und notwendiger Kontakt zwischen Muskel und Nerv gelöst wird.