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65 DIE NATUR DER BIO― ELEKTRISCHEN STRÖME

NEUERE VORSTELLUNGEN UBER DIE NATUR DER BIO-ELEKTRISCHEN STROME



Elektrische Erscheinungen an Tieren gehören zu den ältesten bekannten elektrischen Erscheinungen überhaupt. Schon den Alten war ein im Mittelmeer häufiger Fisch, Torpedo mit Namen, bekannt, der so starke elektrische Schläge auszuteilen imstande ist, dass man ein grösseres Exemplar dieser Art zum zweitenmal nicht gern anfasst. Dass nun aber alle lebenden Gewebe von Tieren und Pflanzen Quelle elektrischer Ströme sind, das konnte erst durch verfeinerte technische Hilfsmittel und nach Ausgestaltung der physikalischen Vorstellungen erkannt werden. Es ist hauptsächlich die Konstruktion empfindlicher Galvanometer und die Erfindung der unpolarisierbaren oder reversiblen Elektroden, denen die Entdeckung der allgemeinen Verbreitung elektrischer Ströme bei lebenden Gebilden zu verdanken ist.

Legt man an einem frischen Muskel einen Querschnitt an und leitet man von diesem und einer unverletzten Stelle des Muskels mit unpolarisierbaren Elektroden zum Galvanometer ab, so wird die Magnetnadel desselben abgelenkt und zwar in der Weise, als ob ein positiver Strom von der unverletzten Stelle durch das Galvanometer zum Querschnitt flösse. Die verletzte Stelle verhält sich negativ zu jeder unverletzten, verhält sich also wie der Zinkpol im bekannten Daniellschen Element zum Kupferpol (Du Bois-Reymond). Ganz unverletzte Muskeln sind dagegen vollkommen stromlos (Hermann). Aehnliche Verhältnisse finden wir bei andern tierischen Geweben z. B. beim Nerven und bei pflanzlichen Gebilden (lebenden Blättern, Stengeln, Pilzstielen u. s. w.). Stets verhält sich die verletzte Stelle negativ gegen unverletzte