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98 Gian Peder Gregori, Manfred Gross, Vincenzo Todisco, Marco Trezzini


bünden ikg im Jahre 2008 eine soziolinguistische Studie veröffentlicht, in der eine Forschungsgruppe der Frage nach dem individuellen Sprachgebrauch und den wechselseitigen Beziehungen der Kantonssprachen nachgeht. Aus der Studie geht unter anderem hervor, dass der Umgang mit der Mehrsprachigkeit im Kanton auf mündlicher Ebene recht gut funktioniert, dass aber auf der Schriftebene eine tendenzielle Zweiteilung der Bündner Sprachenlandschaft feststellbar ist mit einer klaren Sprachgrenze zwischen einem deutsch und einem italienisch geprägten Raum, wobei das traditionelle romanische Sprachgebiet weitgehend in den deutsch geprägten Raum integriert ist1. Es besteht in der Tat eine grosse Diskrepanz zwischen dem rechtlich-politischen Auftrag die kantonale Dreisprachigkeit zu fördern und dessen konkreter Umsetzung in den verschiedensten Bereichen des Alltags. Dabei wäre das sprachliche Potenzial durchaus vorhanden und könnte, guter Wille aller Beteiligten vorausgesetzt, entsprechend genutzt werden. Der Schule kommt denn auch diesbezüglich eine zentrale Rolle zu. Sie schafft mit ihrem Sprachen-Portfolio die Grundlage für die gegenseitige Verständigung unter den Sprachgemeinschaften. Die in der Schule erworbenen Sprachkenntnisse und die Haltung der Kinder zur Mehrsprachigkeit gilt es auch im ausserschulischen Bereich zu nutzen.

2.5. Der Druck des Deutschen und Englischen aus der Wirtschaft auf die Schule

Nebst der anhaltenden Attraktivität des Deutschen im romanischen Sprachraum und in Teilen des italienischen Sprachgebiets2 wird in Graubünden auch der Druck des Englischen auf die Schule immer stärker. Von deutschsprachiger Seite wird vermehrt die Kritik laut, dass an den traditionellen romanisch- und teilweise auch italienischsprachigen Schulen der Unterricht in Deutsch ab dem vierten (ab 2010 ab dem dritten) Schuljahr zu spät erfolge. Wirtschaftsvertreter stellen zudem die Priorisierung der Kantonssprachen als erste Fremdsprachen in Frage. Die späte Einführung des Deutschen und Englischen auf Primarschulstufe führe zu unzureichenden Kompetenzen in diesen beiden wirtschaftlich relevanten Sprachen bei den Angehörigen der beiden Minderheitensprachen. Der Druck auf das Fremdsprachenkonzept an den Bündner Schulen nimmt zu, eine flächendeckende regionale oder gar kantonale Einheitslösung ist allerdings kaum realistisch. 9

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  1. Grüner t/Picenoni/Cathomas/Gadmer (2008, 395).
  2. Vor allem im Bergell; siehe dazu die Studie von Bianconi (1998).