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THEMEN UND DISZIPLINEN
Ökonomen würden die skizzierte Entwicklung wohl als Wachstum, genauer gesagt als ungleiches Wachstum, innerhalb des tertiären Sektors beschreiben. In ähnlicher Weise lässt sich die Auffächerung innerhalb der modernen Forschung als Phänom verstehen, welches oft mit ihrer Ausdehnung einhergeht. Von den Beteiligten wird die Vielfalt an Themen und Disziplinen verschieden wahrgenommen. “We are living in an age of blurred lines and open intellectual frontiers», schreibt Peter Burke, «an age which is at once exciting and confusing. References to Mikhail Bakhtin, to Pierre Bourdieu, to Fernand Braudel, to Norbert Elias, to Michel Foucault, to Clifford Geertz, can be found in the work of archaeologists, geographers and literary critics, as well as in that of sociologists and historians. The rise of a discourse shared between some historians and sociologists, some archaeologists and anthropologists, and so on, coincides with a decline of shared discourse within the social sciences and humanities, and indeed within each discipline. Even a sub-discipline such as social history is now in danger of fragmenting into two groups, one of them concerned with major trends, the other with case-studies on a small scale.”19
Die internationalen Strömungen mit ihren je bevorzugten Themen und Methoden widerspiegeln sich auch in der historischen Forschung zum Alpengebiet der Schweiz. Da der Kreis der Beteiligten hier sehr viel kleiner ist als in den intellektuellen Zentren, hat der Diskurs zwischen Fachleuten allerdings andere Formen: Er findet gewissermassen statt, bevor sich die Fächer richtig auseinandergelebt haben. Wenn es nicht um Gegenstände staatlich-politischer Art geht, haben die Historiker in dieser Diskussionsrunde eine relativ schwache Position, denn der Alpenraum bildet eine traditionelle Domäne benachbarter Disziplinen, vor allem der Volkskunde und der Geographie.20
Entstanden aus einer konservativen Modernisierungskritik, hat sich die Volkskunde schon früh der Erforschung der ländlichen Bevölkerung zugewandt. Die Bauern galten als Garanten für ein «durch Tradition und Gemeinschaft bestimmtes Volksleben», das man von der «Individualkultur und künstlichen Zivilisation» der Eliten unterschied und den «grossstädtischen Massen» entgegenhielt. Die wenig urbanisierten Alpengebiete wurden so von vornherein zu einem Schwerpunkt der entstehenden Disziplin. Die Geschichte war zwar das Fach, welches sich mit den historischen Persönlichkeiten und der Ent-
52 | HISTOIRE DES ALPES - STORIA DELLE ALPI - GESCHICHTE DER ALPEN 1996/1 |